Erster Schlag

240 Gedichte 1995 – 2006 mit 240 Zeichnungen von Hans Scheuerecker
490 Seiten, 29 x 19cm

Auflage
60 nummerierte und signierte Exemplare mit jeweils einem Aquarell von Hans Scheuerecker

Bezug
Edition Nachtlabor bei technosatz Cottbus, 2007
ISBN: 978-3-9809347-1-8
wenige Restexemplare zum Preis von 120 Euro

Leseproben:

Ausgebrannt

Bin müde Müde
nach dreißig Jahren
an der Front

Ausgeteilt & eingesteckt
oft selbst die besten
Freunde Feinde Frieden
nie geschlossen
Viel verschenkt & Nichts
geschenkt bekommen
Kein Pardon Die Siege selten
Jetzt soll´n andre vor
Bin müde

Wär´s nur dass
Das war´n wir früher auch
nach den Kämpfen nach den langen Nächten
Heut´drückt die Langeweile
Kenn schon alles
was noch kommen kann

Kameraden
Meld mich ab
Nicht mehr tauglich
für diesen Krieg

Erster Schlag

Vollkommen begeistert 
steht mein Rauschmittelexperte
auf einem der uns verbotnen Turbanmärkte
vor diesem Klumpen handgroß
weich & passend
babykotfarben

Mann stöhnt er
Der Erste Schlag
unverfälscht rein & stark
Sehr kultiviert Trotzdem
spürt der Kenner
Würze noch vom wilden Mohn

Irrer Stoff Verzaubert jeden
der zu träumen wagt
Greif zu 
Pure Qualität
Das Beste was
du kriegen kannst

Da versteh ich ihn Hoff ich Gleiches ja 
für die Freunde Hoffs von mir Doch 
Sicherheit gibt nur die Probe 
Besteht das Material
bei höchster Hitze 
äußerster Gefahr

Fallensteller

Natürlich
bleibt der Sinn
dieser Unternehmungen
verborgen

Selbstverständlich
ist das Risiko
viel zu 
hoch

Und am Ende fragt
der Beobachter
Wozu das Ganze
Euch ging’s doch gut

Na eben
Das ist unser Job
das ist unser Spaß
Fallen stellen

So sitzen wir dann
freiwillig gefangen
im Dunklen und 
klagen lachend

Es stimmt
immer noch
Wir sind was 
wir werden wollten

Kahlschlag Lausitz

Abriss Abriss abgerissen

Die Kindergärten Schulen
verfallenen Fabriken
Bahnhöfe Postämter
Neubauplattenghettos
Polizeistationen Straßenbahndepots
Kneipen Straßen Kinos
unserer Jugend
die Kasernen Bunker SED-Zentralen
den Kunstschutt der Genossen Geschenkt

In der Gegend gab es schon Kriege Seuchen
Landflucht selbst die Pest Dörfersterben
Tagebau…sie hat es überstanden

Was nicht mehr gebraucht
kann muss weg
Ausgedient
Das Deprimierende ist
Hier baut auch keiner
Neues hin

Kleiner Ausflug

Wo bist Du nur
geblieben Wir
haben gewartet
nächtelang
auf die übliche
Unterhaltung und
uns Sorgen 
gemacht

Ach ich ließ nur
wir ließen nur
das Parkfest
ausklingen
Nach dem Feuerwerk
und der Bootsfahrt
übern Fackelsee
sagte eine Dame
vom Ballett

Schenk mir diese Nacht
ein paar Tage noch dazu
dann bring ich Dir
das Tanzen bei
Wunderbarer Ort
der Anlass passend
sich endlich zu
verlieren
Das haben wir
getan

Starke Zeiten

Wenn man still
durch Landschaften
Städte Bekanntschaften
trödelt längst verlassenen
gelegentlich ein Gedanke lächelnd

Was waren das für Aktionen
welch mutige Versuche
tollkühner Anarchie
übermütige Verrenkungen
auf dem Drahtseil
Was war damals
alles los
Frauen Männer
in Hochspannung
Realität eine Möglichkeit nur
unter vielen
Es zählte einzig JETZT
Zukunft ein Versprechen
an jemand anders
Vergangenheit
vergessen
Alle Wege Türen offen
jeder Tag eine Verheißung noch

Und die verschämte Hoffnung
Gewissheit fast
Ein paar Jahre
später werden wir
so von Heute
reden

Winterwochen am Meer

Gefangen im Schleiernetz
Deiner Haare
durchschauere ich
Tagträume
Nächte wie Blitze
Berstende Intensität
Alles
Viel zu schnell

Zu Ende

Und dann Danach Seitdem

Wund hause ich in meiner Höhle
Vor jedem Geräusch 
jedem Blick oder erst recht
einer Berührung zurück geschreckt
Verletzlich
kein Wort mehr
das zutreffen könnte Die Nerven 
liegen blank Zum Anfassen für jedermann

Pein nur Pein
glüht sich
durch ein
geschundnes Hirn
Ohne Dich ist Allein sein
lebensrettend
Mit sich selbst
hält mans gerade noch so aus