70 Gedichte von Steve Sabor mit 70 Fotografien von Thomas Richert
Foto-Gedicht-Band, erschienen anlässlich des 70. Geburtstages von Hans Scheuerecker
166 Seiten, 27 x 23 cm
Auflage
200 nummerierte und signierte Exemplare
Der Fabrik Verlag, 2021
70,00 Euro
Leseprobe:
Bahnhofstraße 75
Da gehst Du morgen hin
sagte mein Kompagnon Wir brauchen
den Entwurf für die Plakate
Warum gehst Du nicht fragte ich
Ist manchmal etwas schwierig
Bin gerade nicht gern gesehen
OK Hab` ich einen gut bei Dir
Ganz oben Scheuerecker An der Tür geradezu klingeln
Er schaut ohne dass Du es merkst aus dem Klofenster links
Entscheidet dann ob er aufmacht
Na toll Ich war mir ziemlich sicher wie
MEINE Entscheidung ausfallen würde
Doch was tut man nicht alles für Freunde
Ich ging hin & blieb
Bis jetzt 33 Jahre
Damals Zonenendzeit
Wer Rang & Traute hat
verkehrt hier Ist Gast ist Teil
einer Gesellschaft die
von der Aufsichtsbehörde als
Zusammenrottung negativer Elemente eingestuft
in Verkennung wie immer
der Tatsachen Die ENERGIE
war positiv Kreativ Daher subversiv
Musiker Tänzerinnen Schauspieler andere Verwirrte
Alle anders als der Rest Natürlicher
Mittelpunkt Hans der Maler
Daher Bilder Bilder überall Bilder
An den Wänden natürlich In den
Reden Gedanken Träumen
Während es im Kern um Reduktion ging
noch immer geht auf das Wesentliche
reduzierten manche uns auf
Ausschweifungen Sex Drogen Suff
Das eine kommt aus dem anderen Gehört dazu
Kommunizierende Röhren
All das ist wichtig Doch Zutat nur
zu einem Hauptgericht Das heißt
Wahrhaftigkeit in der Kunst im Leben
Da blieben viele
als Verräter
auf der Strecke
Manche in den Akten kundig
andere verloren auf dem Weg
Schlimmer wog auf Dauer der Verrat
an der Sache Hier wird der Meister ernst
Verschwendet jemand sein Talent
Will nicht lernen was zu lernen wäre
Gearbeitet wird jeden Tag
Gemessen an den Besten
Gemacht was Eigenes
Aus der Wohnung oben
wurde ein ganzes Haus Besitznahme
Drei Etagen Keller Ungeahnte Möglichkeiten
Das Atelier Musikzimmer
Schlafräume für Frauen Freunde
Ein Tresen Der Tafelrundentisch Viel Platz
für neue Bilder & schwarze Frauen
aus halb Afrika Wär`s das mal gewesen
ein Harem Es war was anderes
Ein Ort sich tollkühne Vorhaben
auszudenken Ein Ort der
seinem Eigner gerecht geworden
Unentrinnbar
Vom Haus aus
die Stadt durchdrungen
Plastiken Skulpturen Bilder Keramik
Ein Scheuerecker überall In den
Wohnungen Villen Banken Auf der Sprem
Wenn es mal nicht so lief
Rückzug in die 75 Jalousien runter
Läuft es gut dann auch
Die Feier als Kunstform
Bacchantische Spiele Grüße von Dionysos
Bruchstücke bleiben noch aus verrauschten Nächten
Schausteller die mehr Licht
mehr Aufmerksamkeit verlangen & dafür
auf`s Maul bekommen
Die Schönste der Tänzerinnen
landet nicht in meinem Bett
strandet mit Brüchen im Lazarett
Ein Flügel für den Pianisten
Gumpert spielt Chopin während eine Kriegerin
in der Küche das Messer wetzt
Komm schon her sagt der Hausherr
setzt seine Zeichen auf die Leinwand
und schreib` was rein
Dass nicht immer alles lustig war
nicht richtig nicht leicht ist
konnte man wissen
Wir gingen dann in die Welt
Andere rückten rücken nach
werfen Neues in die Runde ins Atelier
Wer zurück
meldet sich beim Meister
freut sich an Lob selbst Kritik Der Linsensuppe
Heimathafen…
Ist das höchste Lob
das meine 60 Jahre kennen