Band I der Trilogie „Jahresring“
365 Gedichte von Steve Sabor und 365 Zeichnungen von Hans Scheuerecker
745 Seiten, 21 x 15cm
Auflage
16 nummerierte und signierte Exemplare
Bezug
Technosatz/Copy.worXX Cottbus, 2002
Steinbruch 2002
vergriffen
Leseproben:
Die Logik des Machbaren
Was zu lernen war
Jeden Tag
als Glück
begreifen
der nichts
Schlimmeres bringt
als das Übliche
eine verträumte Traurigkeit
maßvolle Verzweiflung
und das immerwährende
Unbehagen
Jeden Tag
als Geschenk
genießen
an dem alles
so schlecht
bleibt
wie es ist
Ich mag sie
Die Typen
die nachts um drei
in einem engen
verrauchten und
knallvollen
Klub
Gitarre spielen
dass Jimi seine Freude hätte
Denen einer dieser neureichen
Manager zuflüstert
leg dir coole Klamotten und
’ne up to date Frisur zu und
ich bring dich ins
Geschäft
Die Typen
die bis zur Erschöpfung
riesige Bilder malen
nächtelang und
denen der Galerist
dann sagt Mal mal
ein kleineres
Format
davon ließen sich
welche verkaufen
Die Typen
die dann
weiter spielen
weiter malen und
leicht entrückt
fragen
Wozu
Die mag ich
Kamingespräch Silvesternacht
Bitte
nicht immer diese pessimistischen
nihilismussatten Schnurren
erzähl doch mal was
Positives
Bin eher Rationalist
Der verschwiegene Dichter
beugt sich zum mittellosen Maler
hebt den Punschkrug
Dass wir wieder
hier sitzen
wer hätte das
gedacht
vor einem Jahr
Dass wir wieder
durchhielten
Der Geist
Der Körper
gefahrenseelig
tanzend über Abgründen
Dazu die Bilder
Texte
sogar die Miete
gezahlt
Schon
dass wir das Rennen
nochmal aufgenommen haben
Der reine Optimismus
Stoiker 2302 nach Zenon
Nuschelt leicht benebelt
würdevoll gelassen
mit großer Geste
Willst Du gerettet
von mir gerettet werden
so musst Du
zu mir kommen –
Welt
Sollte ich gerettet
vor mir gerettet
werden wollen
müsste ich
in Dir leben –
Welt
So werden wir wohl nicht
zueinander kommen
Traumtänzer
Sage einer
Die sind
erfahrungsresistent
Ich widerspräche
wir ziehen schon
unsere Schlüsse
Aus vergeblichen
Versuchen Seelenqualen
Den endlosen Kämpfen
Auf dem Schlachtfeld nur Verlierer
Beziehungskrieger
Uns Späten genügen
ein Hauch von Geborgenheit
die Seele diesen Spalt weit offen
der Zauber einer Nacht
Gefühle wie
Verwandtschaft
haltlos träumend
Ständig
drei Gedanken
neben der Realität
Wenn das reicht
Was wollen wir mehr
Ausschließlichkeit
Dauer Besitz
vorbei
Nur der Augenblick
die Ewigkeit
Ein Lächeln
in der Finsternis
Unerklärlich
Öfter als einem lieb ist
war es knapp
Manchmal fast
zu spät
Du hast dennoch
durchgehalten
irgendwie
Gekämpft gelitten
Niemals aufgegeben
Selbst in Situationen nicht
in denen es das Beste
gewesen wäre
Keine Angst gezeigt
im Strudel der Verwirrungen
Eine seltsamer
als die andere
Jetzt herrscht
Ruhe Kaum Gefahr
Du könntest
zufrieden sein
Kauerst
auf dem Sofa
und stöhnst
Ich will nicht mehr
WARNUNG!
Vor einer Zeitbombe
einer nichttickenden
Das macht sie so gefährlich
Niemand weiß wann sie hochgeht
Warnung vor mir
Nur ich weiß wann
ich explodiere
Anlässe gibts
genug
Wenn Exzess
zur Gewohnheit verkommt
Bemühte Dichter
endlos lesen
Trinker traurig
trocken werden
Autoimmunerkrankungen
die Falschen treffen
Tausend Gefahren
jeden Tag
Eine nichttickende
Zeitbombe
Der Zünder
heißt
Contenance*
Wenn
ich die
verlier
krachts
* Die Fähigkeit, zu erdulden,
was nicht zu erdulden ist.